Veranstaltung: | Landesparteitag Schleswig-Holstein 25./26. März 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | 5. Anträge |
Antragsteller*in: | Mathias Schmitz (KV Pinneberg) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 03.04.2023, 07:34 |
Antragshistorie: | Version 1 |
K2NEU4: Booster für den kommunalen Klimaschutz
Antragstext
Am 14. Mai 2023 bestimmen die Bürger*innen in Schleswig-Holstein über ihre
Kreistage, Stadträte und Gemeindevertretungen. Wir GRÜNE treten in Kreisen und
Kommunen für konsequenten kommunalen Klimaschutz an!
Diese Wahl entscheidet über politische Mehrheiten für oder gegen den
Klimaschutz. Dafür treten wir an und sagen eindeutig: Wir müssen sehr viel
schneller und in den Maßnahmen wirksamer werden. Am 14. Mai ist eine Stimme für
Bündnis 90/Die Grünen eine Stimme für den Klimaschutz vor der eigenen Haustür.
Ganz gleich, ob beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, bei der Wärmewende oder
bei sauberen Mobilitätsangeboten, überall kann die kommunale Ebene ganz
entscheidend zum Gelingen beitragen. Und es sind Kommunalpolitiker*innen der
GRÜNEN, die für die Erreichung der kommunalen Klimaschutzziele brennen. Wir
sabbeln nicht, wir machen.
Wir GRÜNE werden in den Städten und Kommunen die Wärmewende durch eine gute
Wärmeplanung und energetische Sanierung der Quartiere angehen. Wir werden für
ein gutes Klimaschutzmanagement streiten. Wir werden uns für eine Stadtplanung
ins Zeug legen, welche den veränderten Bedingungen der Klimakrise gerecht wird:
ohne Verbrennung fossiler Brennstoffe, mit PV-Kollektoren auf den Dächern und
Balkonen. Wir werden für weniger Flächenverbrauch und mehr Solaranlagen kämpfen,
weitere Radwege und Fahrradstraßen einrichten und für ein Ende der illegalen
Versiegelungen der Grundstücke durch Verschotterung sorgen.
Um es ganz deutlich zu machen: Wirksamer Klimaschutz braucht Priorität auf allen
politischen Ebenen. Klimaschutz ist kein Thema unter vielen, sondern die Aufgabe
unserer Zeit. Er trägt zur Sicherung der Lebensgrundlagen unserer und künftiger
Generationen bei, sichert die Energiesouveränität und schafft neue Wertschöpfung
und Arbeitsplätze. Den ambitionierten Einsatz für wirksamen Klimaschutz werden
wir zur Richtschnur für unsere politische Arbeit in den kommunalen Gremien
machen.
Die Landkreise und Kommunen sind es, welche die von Bund und Land eröffneten
Handlungsoptionen nutzen und wirksame Klimaschutzmaßnahmen beschließen können.
Im Land und im Bund beschließen wir GRÜNE viele Anreize und Förderungen. Dort,
wo es nötig und sinnvoll ist, werden wir den kommunalen Klimaschutz rechtlich
verbindlicher machen. In den kommenden fünf Jahren wird es mehr denn je unsere
Aufgabe sein, dies mit der notwendigen Konsequenz zu verfolgen, um beim
Klimaschutz schneller, umfassender und effizienter zu werden. Ziel soll die
gleichzeitige Optimierung von Energieertrag UND Biodiversität UND sinnvoller
landwirtschaftlicher Nutzung sein.
Am 14. Mai starten wir gemeinsam mit den Schleswig-Holsteiner*innen den Booster
für den kommunalen Klimaschutz! Dafür schlagen wir GRÜNE ein 20 Punkte starkes
Maßnahmenpaket vor:
1. Wir werden uns für einen gemeinsamen „Pakt für den Klimaschutz“ von
Landesregierung und Kommunen einsetzen. Damit erhalten die Kommunen mehr
Möglichkeiten zur Erreichung unserer Klimaziele. Mit noch mehr GRÜNEN Mandaten
in den Kommunen werden wir wirksamen Klimaschutz umsetzen, um das Ziel eines
klimaneutralen Schleswig-Holsteins spätestens 2040 zu erreichen.
2. Wir werden uns für eine Stärkung des kommunalen Klimaschutzmanagements im
Kontext der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) einsetzen. Dieses ist von zentraler
Bedeutung für die Erreichung der Klimaziele in den Kommunen und für die
Umsetzung geeigneter Klimaschutzmaßnahmen. Im Land wir uns für die Unterstützung
der Gründung kommunaler Klimaschutzagenturen in den Landkreisen einsetzen. Diese
bündeln auf Kreisebene Fachkompetenzen, beraten die Kommunen, projektieren und
führen in deren Auftrag Klimaschutzmaßnahmen aus.
3. Wir haben gemeinsam mit unserem Koalitionspartner auf Landesebene ein
Sondervermögen für den kommunalen Klimaschutz und die Wärmewende auf den Weg
gebracht. In den kommenden Monaten sollen daraus umfassende Förderangebote für
die Kommunen entwickelt werden. Wir werden uns dafür einsetzen, dass möglichst
viele Kommunen die zur Verfügung stehenden Mittel abrufen und wirkungsvoll
einsetzen.
4. Die deutliche Beschleunigung von Klimaschutzmaßnahmen ist zwingend notwendig,
um die Klimaziele erreichen zu können. Auf allen politischen Ebenen werden wir
uns für die Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren mit Nutzen für
den Klimaschutz einsetzen.
5. Wir begrüßen die im Erlass „Grundsätze zur Planung großflächiger
Solarenergie-Freiflächenanlagen (FFA) im Außenbereich“ vom September 2021
beschriebenen Kriterien für die Genehmigungsfähigkeit von Freiflächen
Photovoltaik (PV) und Solarthermie-Freiflächenanlagen. Bei einer anstehenden
Weiterentwicklung setzen wir uns für eine Konkretisierung an den Stellen ein, an
denen noch zu große Interpretationsspielräume bestehen. Die in einzelnen Kreisen
noch vorkommende grundsätzliche Ablehnung von wichtigen PV-Freiflächen-Projekten
wollen wir politisch auflösen. Der bestehende Erlass soll modifiziert werden um
eine Definition von Leitplanken, eine ausreichende Verbindlichkeit und
landesweit gleichartige Entscheidungsorientierung für alle Gemeinden zu
gewährleisten. Es braucht strukturierte Dialogprozesse und einen
Kriterienkatalog für gemeindliche Entscheidungsprozesse, die Energieertrag ,
Biodiversität und die landwirtschaftliche Nutzung produktiver Böden für den
Anbau von Lebensmitteln sinnvoll abwägt.
6. Die Erstellung kommunaler Potentialkataster für Solarenergie-FFA unterstützen
wir und halten ein gemeinsames einheitliches Datenaustauschformat für sinnvoll,
damit die Daten auf einfache Weise aggregiert und für die Open-Data-Plattform
verfügbar gemacht werden können.
7. Solare Wärmenetze werden einen wichtigen Beitrag zur Wärmewende in den
Kommunen leisten. Wir werden uns für eine Förderung des Ausbaus von solaren
Wärmenetzen (Solar-District-Heating) mit saisonalen Wärmespeichern nach
dänischem Vorbild sowie weiteren Vorhaben der Wärmewende durch das Land
Schleswig-Holstein einsetzen.
8. Wir werden uns dafür einsetzen, den Bürgerenergiefonds Schleswig-Holstein
aufzustocken, um auch künftig Bürgerenergieprojekte zu unterstützen.
9. Wir wollen eine Handreichung für städtebauliche Verträge auf den Weg bringen,
mit der es Kommunen erleichtert wird, Solar-Freiflächenanlagen vorteilhaft zu
verhandeln. Darüber hinaus können Grundsätze der „guten fachlichen Praxis“ beim
Ausbau von Solar-Freiflächenanlagen helfen und sowohl Kommunen als auch
Projektierer*innen die Planung erleichtern.
10. Wir werden uns für ein Förderprogramm des Landes einsetzen, das in Anspruch
genommen werden kann, wenn für den Ausbau von Nahwärmenetzen keine
Bundesförderung besteht.
11. Wir werden uns in den Kommunen dafür einsetzen, die Kälte- und Wärmeplanung
deutlich voranzubringen. Wir streben an, die verpflichtende Wärmeplanung auf
mehr Kommunen zu erweitern. Mit Blick auf eine Novellierung des Energiewende-
und Klimaschutzgesetzes (EWKG) werden wir prüfen, ob und wie dies sinnvoll
umgesetzt werden kann.
12. Wir haben als Teil der Landesregierung im Rahmen des „Sondervermögens
Energie- und Wärmewende, Klimaschutz und Bürgerenergie“ bereits 75 Mio. € für
die kommunale Wärmewende bereitgestellt. Im Land setzen wir uns dafür ein, diese
Mittel möglichst schnell auf 500 Mio. € zu erhöhen. In den Kommunen werden wir
uns dafür einsetzen, dass die nötigen Mittel für die Kofinanzierung der
geförderten Projekte bereitgestellt werden.
13. Wir werden uns auf Landesebene für eine Stärkung der Energiewende- und
Klimaschutzinitiative zur Beratung der Kommunen einsetzen. Zur Begleitung der
Kommunen bei der Planung und Entwicklung von PV-Freiflächenanlagen werden wir
ein Kompetenzzentrum Wärme einrichten.
14. Die kommunale Planungshoheit soll mit einer verbindlichen kommunalen
Wertschöpfung verbunden werden. Dies kann maßgeblich durch die Aktivitäten einer
Energie- und Klimaschutzagentur (z. B. nach Vorbild der LEKA in MV)
gewährleistet werden. Ihre Arbeit zur Befähigung kommunaler Vertreter sowie
verantwortlicher Behörden durch Schulungen und Vernetzungsarbeit soll Grundlage
ihres Handels sein und die verschiedenen Aspekte von Energieerzeugung,
Biodiversität und landwirtschaftlicher Nutzung abwägen helfen.
15. Wir werden eine konsequente Einhaltung der Regeln für Klimaschutz und
Klimafolgenminderung, wie z.B. in der LBO festgeschrieben, in den Kommunen
einfordern und wollen insbesondere die übermäßige Flächenversiegelung durch
Schottergärten abstellen.
16. Die Mobilitätswende werden wir in den Kommunen voranbringen! Wir setzen uns
für fahrradgerechte Orte ein und wollen kommunale Mittel in eine bessere
Fahrradinfrastruktur investieren. Wir streben an, die Mittel für die
Fahrradinfrastruktur auf mindestens 30€ pro Person in der Kommune nach
niederländischem Vorbild zu steigern.
17. Wir wollen hauptamtliche Radverkehrsbeauftragte in den Kreisen einstellen
und ausreichend Planer*innen gewinnen, um den Radwegeausbau massiv
voranzubringen. Im Land haben wir vereinbart, Standards für den kommunalen Fuß-
und Radverkehrswegebau zu erarbeiten, um in diesen Bereichen eine deutliche
Qualitätsverbesserung zu erreichen.
18. Wir setzen uns dafür ein, den Kommunen mehr Gestaltungsspielräume bei der
Verkehrssicherheit zu geben und insbesondere Geschwindigkeits-beschränkungen zu
erlassen. Hierfür muss der Bund die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen.
In den Kommunen werben wir dafür, dass mehr Städte und Gemeinden in Schleswig-
Holstein Mitglied der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene
Geschwindigkeiten“ werden, welche schon von über 400 Kommunen unterstützt wird.
19. Auf Kreisebene und in den kreisfreien Städten setzen wir uns für steigende
Investitionen in den Busverkehr ein, um damit frühzeitig an der Umsetzung der
Mobilitätsgarantie zu arbeiten. Weitere Finanzierungsmöglichkeiten für die
kommunale Mobilitätswende wie beispielsweise den Mobilitätspass befürworten wir.
20. Im Land haben wir vereinbart, die Genehmigung von Fahrradstraßen zu
erleichtern, wofür wir eine Richtlinie für die unteren Verkehrsaufsichtsbehörden
auf den Weg bringen wollen. Wir wollen den Bau von Radschnellverbindungen für
Pendler*innen deutlich voranbringen und wollen ausreichend Personal für Planung
und Umsetzung bereitstellen.
Begründung
Die Bedeutung der kommunalen Handlungsebenen für das Erreichen der Klimaschutzziele kann leicht unterschätzt werden. Wesentliche Zielsetzungen werden auf Bundesebene und in den Ländern entschieden, aber erreicht werden können sie zu einem hohen Anteil nur durch engagiertes kommunales Handeln.
Es kommt auf die Kreise, Städte, Kommunen und Ämter an, wenn es um klimaneutrale Wärme für Gebäude geht oder die Ausweisung von Flächen für die Solarenergie, um nur zwei Beispiele zu nennen. Fossile Brennstoffe für die Erwärmung der Gebäude tragen allein 23,8 % zu den CO2-Emissionen bei: 183 von 768 Mio. to. Methan-Leckagen in den zehntausenden Kilometern Rohrleitungen sind darin noch gar nicht berücksichtigt.
Die Mobilitätswende findet nicht in erster Linie im Fernverkehr statt, sondern in der Fläche, in den Städten und Kommunen, auf dem platten Land, bei den täglichen Wegen im Nahbereich von wenigen Kilometern Wegstrecke.
Es sind die Kommunen und Ämter, die wesentliche Teile einer Mobilitätswende beschließen und umsetzen müssen. Eine besondere Verantwortung kommt dabei den unteren Verkehrsbehörden zu, welche Ermessensspielräume für Genehmigungen nutzen müssen. Vor allem, da die Straßenverkehrsordnung immer noch eine einseitige Bevorzugung des motorisierten Individualverkehrs festschreibt. Sie ist aus der Zeit gefallen und gehört dringend novelliert.
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