Veranstaltung: | Landesparteitag Schleswig-Holstein 25./26. März 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | 5. Anträge |
Antragsteller*in: | Kreisvorstand Flensburg und LAG Frauen (dort beschlossen am: 24.02.2023) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 24.02.2023, 19:40 |
G2: Sichere Schwangerschaftsabbrüche in Schleswig-Holstein langfristig gewährleisten. Versorgungsstrukturen ausbauen!
Antragstext
In Schleswig-Holstein ist die Versorgungssituation im Bereich der
Schwangerschaftsabbrüche aufgrund zahlreicher Faktoren nicht mehr
bedarfsgerecht, die wohnortnahe Verfügbarkeit von Ärzt*innen, die
unterschiedliche Methoden des Schwangerschaftsabbruchs vornehmen, an vielen
Orten bereits stark eingeschränkt. Dies hat zur Folge, dass ungewollt Schwangere
in einer häufig sowieso schon als sehr belastend empfundenen Situation
unverhältnismäßige Härten auf sich nehmen müssen. Berichtet wird z.B. von
aufwendigen Terminsuchen sowie fehlender Aufklärung über verschiedene
Abbruchmethoden (medikamentös bzw. operativ/chirurgisch) und von mangelnder
Verfügbarkeit der gewünschten Methode. Bekannt ist auch, dass sich in den
nächsten Jahren die Anzahl an Gynäkolog*innen, die Abbrüche vornehmen, aufgrund
der Altersstruktur dieser weiter verringern wird. Dies wird die bestehende
Problematik weiter verschärfen, wenn keine effektiven Gegenmaßnahmen ergriffen
werden.
Der Wegfall von §219a (das sog. „Werbeverbot“) war ein großer Erfolg der
deutschen Frauenbewegung und der aktuellen Ampel-Regierung, die dieses Gesetz
endlich abgeschafft und dadurch mehr Informationsfreiheit geschaffen hat.
Ärzt*innen in Deutschland dürfen nun über verschiedene Methoden des
Schwangerschaftsabbruchs informieren. Jedoch werden ungewollt Schwangere
weiterhin kriminalisiert, denn nach § 218 Strafgesetzbuch (StGB) steht ein
Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich unter Strafe und ist nur unter bestimmten
Voraussetzungen (erfolgte Beratung durch Schwangerschaftskonfliktstelle und
Einhaltung der gesetzlichen Wartezeit von 3 Tagen) nicht strafbewehrt. Diese
strafrechtliche Regelung verhindert die Kostenübernahme durch die Krankenkassen
und fördert die gesellschaftliche Stigmatisierung, wodurch ungewollt Schwangere
nachweislich psychisch belastet werden. Die privat zu tragenden hohen Kosten
eines Schwangerschaftsabbruch benachteiligen und diskriminieren zusätzlich
ungewollt Schwangere mit geringen finanziellen Mitteln. Abtreibungsverbote
führen nicht zu einem Absinken der Zahl der Schwangerschaftsabbrüche, das zeigen
Ländervergleiche. Sie erschweren aber den Zugang zu dieser medizinischen
Leistung und gefährden somit die Gesundheit von Schwangeren.
- Als Grüne in SH stellen wir uns deshalb hinter die Forderung unserer
Bundesministerin Lisa Paus, den Schwangerschaftsabbruch aus dem
Strafgesetzbuch zu herauszulösen und drängen auf die unverzügliche
Einsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Kommission, die
"Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des
Strafgesetzbuches" prüfen soll. Vorrangige Ziele müssen sein, ungewollt
Schwangere mit dem Wunsch zum Schwangerschaftsabbruch zu
entkriminalisieren, die Kostenübernahme von Abbrüchen durch die
Krankenkassen zu ermöglichen und bedarfsgerechte Versorgungsstrukturen zu
schaffen.
- Die Landesregierung und die zuständigen Ministerien werden dazu
aufgefordert, konkrete Maßnahmen für den Erhalt und Ausbau bestehender
Strukturen gemeinsam mit den Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzt*innen
und dem Gynäkolog*innenverband zu erarbeiten. Dabei muss berücksichtigt
werden, wie ungewollt Schwangere bei der Inanspruchnahme von Leistungen,
die im Zusammenhang mit einer Abtreibung stehen (Praxis- und
Terminfindung, Beratung, Nachsorge), grundsätzlich besser unterstützt
werden können. Ein ausreichendes und ortsnahes Angebot an Möglichkeiten
des Schwangerschaftsabbruchs muss sichergestellt werden. Hierzu gehört,
dass Schwangere nach Möglichkeit selbst zwischen einem chirurgischen oder
einem medikamentösen Abbruch wählen können und dass diese Wahl auf
Grundlage einer professionellen Beratung erfolgt.
- Wenn eine ungewollte Schwangerschaft früh bekannt ist, besteht die
Möglichkeit eines medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs (bis zur 9.
Schwangerschaftswoche), der von vielen Schwangeren als schonender als ein
operativer Eingriff empfunden wird. Die Wirksamkeit medikamentöser
Abbrüche ist nachgewiesenermaßen hoch, die Notwendigkeit eines operativen
Eingriffs sehr selten. Daher brauchen Gynäkolog*innen in vielen
Bundesländern keine Erlaubnis zum ambulanten Operieren, wenn sie
medikamentöse Abbrüche vornehmen. Zudem kann die medikamentöse
Abbruchsvariante für Schwangere in einer vertrauten Praxis oder zu Hause
sowie anonymer als in einer Klinik durchgeführt werden. Wir fordern unsere
Landtagsfraktion auf, sich im Land für diese Erleichterung stark zu
machen. Wir fordern unsere Landtagsfraktion auf, sich im Land für diese
Erleichterung stark zu machen.
- Um die Versorgungssicherheit im Bereich der Schwangerschaftsabbrüche zu
gewährleisten, muss das Thema Schwangerschaftsabbrüche stärker auch im
Medizinstudium beziehungsweise in der Weiterbildung zur Gynäkologie
verankert werden. Angehende Ärzt*innen dürfen nicht nur über die
rechtliche Konfliktsituation aufgeklärt werden, sondern sollten die
verschiedenen Formen der Schwangerschaftsabbrüche lernen und deren
jeweilige medizinische Vor- und Nachteile für die Schwangeren verstehen,
um diese umfassend beraten und unterstützen zu können. Für bereits
ausgebildete Gynäkolog*innen sollen kurzfristig Fortbildungen angeboten
werden.
- Für bereits ausgebildete Gynäkolog*innen sollen kurzfristig Fortbildungen
angeboten werden. Wir fordern, dass das Land mehr Daten zur
Versorgungssituation erhebt und auf dieser Grundlage ein ausreichendes
Angebot an Möglichkeiten des Schwangerschaftsabbruchs sicherstellt.
- Schwangerschaftsabbrüche erfolgen in der Regel ambulant und können z.B.
bei niedergelassenen Ärzt*innen erfolgen. Jedoch müssen auch im klinischen
Bereich (ambulant und stationär) weiterhin Strukturen vorgehalten werden,
so wie es das Schwangerschaftskonfliktgesetz vorsieht. Dies ist auch
deshalb so wichtig, weil im klinischen Bereich die Ausbildung neuer
Fachkräfte erfolgt.
Begründung
Erfolgt mündlich.
Unterstützer*innen
- Kerstin Mock-Hofeditz (KV Nordfriesland)
- Wiebke Garling-Witt (KV Stormarn)
- Stephan Wiese (KV Lübeck)
- Norbert Tretkowski (KV Schleswig-Flensburg)
- Uta Bergfeld (KV Schleswig-Flensburg)
- Kai Nielsen (KV Schleswig-Flensburg)
- Lars Granzin (KV Ostholstein)
- Lukas Strathmann (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Jessica Kordouni (KV Kiel)
- Ralph Sieber (KV Schleswig-Flensburg)
- Sonja Vogt (KV Pinneberg)
- Finn-Pascal Pridat (LV Grüne Jugend Schleswig-Holstein)
- Andrea Eva Dreffein-Hahn (KV Pinneberg)
- Philipp Diepmans (KV Flensburg)
- Benita von Brackel-Schmidt (KV Flensburg)
- Marlene Langholz-Kaiser (KV Flensburg)
- Judith Bach (KV Lübeck)
- Claudia Block-Giencke (KV Stormarn)
- Esther Drewsen (KV Nordfriesland)
- Paula Meinke (KV Herzogtum Lauenburg)
- Torge Klein (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Georg Wilkens (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Matthias Albig (KV Kiel)
- Daniel Stephen Kolmorgen (KV Kiel)
- Leon Bossen (KV Flensburg)
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